Lösungen Band IV, Vorlesung 4

Aufgabe 4.1

Wir sind auf einer 2-Sphäre mit Radius 1 und polaren Koordinaten \theta und \phi, wie in Abb. 4.7.

  1. Zeigen Sie, dass der metrische Tensor für den gewöhnlichen Abstand die folgende Form hat:

        \[ \begin{pmatrix} 1 & 0 \\ 0 & \cos^2 \theta \end{pmatrix} \]

  2. Drücken Sie die acht Christoffelsymbole mit Hilfe dieser Metrik auf. Zeigen Sie, dass

        \[ \begin{split} \Gamma^1_{22} &= \sin \theta \cos \theta,\\ \Gamma^2_{12} &= \Gamma^2_{21} = -\tan \theta, \end{split}\]

    sind, und alle anderen null.
  3. Zeigen Sie, dass der Tangentenvektor an einen Meridian überall die Komponenten t^1=1 und t^2=0 hat.
  4. Zeigen Sie, dass der Vektor der kovarianten Ableitung dieses Tangentenvektors die folgende Darstellung hat:

        \[ \begin{pmatrix} 0 & 0 \\ 0 & -\tan \theta \end{pmatrix} \]

  5. Zeigen Sie: Wenn wir einem Meridian folgen, so ist die kovariante Änderung des Tangentenvektors stets null.

Lösung:

Nach drei Vorlesungen, in denen wir mit recht vielen mathematischen Definitionen konfrontiert wurden, nun endlich die erste Übungsaufgabe dazu, die gleich alles abfragt. Rechts sehen wir noch einmal den Raum bzw. die Fläche, um die es geht: Die Oberfläche der Kugel mit Radius 1, auch Einheitssphäre genannt.

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Die Metrik und die Christoffelsymbole hatten wir schon in Aufgabe 3.3 ausgerechnet; wir wiederholen die Lösung hier noch einmal.

1. Die Metrik: Wir müssen zuerst einmal das Quadrat der Länge des Linienelements ds^2 = dx^2 + dy^2 +dz^2 in den gewohnten Kugelkoordinaten in eine Form mit d\theta^2 und d\phi^2 überführen. Dazu leiten wir aus den Kugelkoordinaten

    \begin{equation*}\begin {split}x &= r \sin \theta \cos \phi\\y &= r \sin \theta \sin \phi\\z &= r \cos \theta, \end{split}\end{equation*}


wobei auf der Einheitssphäre r=1 gilt, die Werte von dx^2,dy^2,dz^2 ausgedrückt in d\theta^2 und d\phi^2 her:

    \begin{equation*}\begin {split}dx &= \cos \theta \cos \phi d\theta - \sin \theta \sin \phi d\phi\\dx^2 &= \cos^2 \theta \cos^2 \phi d\theta^2 - 2  \cos \theta \cos \phi \sin \theta \sin \phi\, d\theta \,d\phi + \sin^2 \theta \sin^2 \phi\, d\phi^2,\\dy &= \cos \theta \sin \phi d\theta - \sin \theta \cos \phi d\phi\\dy^2 &= \cos^2 \theta \sin^2 \phi d\theta^2 + 2  \cos \theta \sin \phi \sin \theta \cos \phi \, d\theta \,d\phi + \sin^2 \theta \cos^2 \phi\, d\phi^2\\dz &= - \sin \theta d\theta\\ dz^2 &= - \sin^2 \theta d\theta^2\end{split}\end{equation*}

Bei der Summe heben sich die gemischten Terme bei dx^2 und dy^2 glücklicherweise auf (was an der Orthogonalität der Kugelkoordinaten liegt), und es bleibt übrig, wenn wir nach d\theta^2 und d\phi^2 sortieren:

    \begin{equation*}\begin {split}ds^2 &= dx^2 + dy^2 +dz^2\\&= d\theta^2(\cos^2\theta \cos^2 \phi + \cos^2\theta \sin^2 \phi  + \sin^2 \theta ) + d\phi^2(\sin^2 \theta \cos^2 \phi + \sin^2 \theta \sin^2 \phi )\\&= d\theta(\cos^2 \theta + \sin^2 \theta) + d\phi^2 (\cos^2\theta)\\&= d\theta^2 + \cos^2\theta\,d\phi^2.\end{split}\end{equation*}

In Matrixschreibweise für die Metrik erhalten wir damit für X^1=\theta und X^2=\phi:

    \[  g=  \begin{pmatrix} 1&0\\0& \cos^2 \theta \end{pmatrix}.  \]

Das ist plausibel. Die Koordinatenlinien, d.h. Längen- und Breitengrade stehen senkrecht aufeinander, damit wird g durch eine Diagonalmatrix dargestellt. Die Differentiale der Breitengrade d\phi sind überall gleich groß, während die Differentiale der Längengrade d\theta vom Äquator aus zu den Polen immer kleiner werden.

2. Die Christoffelsymbole: Auf der zweidimensionalen Fläche müssen wir acht Christoffelsysmbole \Gamma^t_{mn} berechnen, wobei je zwei Paare wegen der Symmetrie in m und n gleich sind. Sechs bleiben übrig; immer noch eine ganze Menge. Die Metrik ist aber recht einfach, fast schon die Einheitsmatrix. Sehen wir uns die Formel für die Christoffelsymbole einmal an:

(1)   \begin{equation*}   \Gamma^t_{mn} = \frac{1}{2} g^{rt} [\partial_n g_{rm} + \partial_m g_{rn} -\partial_r g_{mn}]\end{equation*}

Wir brauchen also zunächst einmal die Inverse der Metrik; dass ist leicht, es ist offensichtlich

    \[ g^{mn} = \begin{pmatrix} 1&0\\0& \cos^{-2} \theta \end{pmatrix} \]

Dann stehen in den eckigen Klammern verschiedene partielle Ableitungen von g_{mn}. Diese sind aber fast alle null, die einzige partielle Ableitung ungleich null ist

    \[ \partial_1g_{22} = \partial_\theta \cos^2\theta = - 2 \cos \theta \sin \theta   \]

Damit die Summe in Gleichung (1) ungleich null ist, muss also gelten: t=r, und es muss in den eckigen Klammer ein \partial_1g_{22} vorkommen. Probieren wir es:

    \[ t=1 \rightarrow \Gamma^1_{mn} = \frac{1}{2} g^{11} [\partial_n g_{1m} + \partial_m g_{1n} -\partial_1 g_{mn}] \]


In den eckigen Klammern kann nur der dritte Term ungleich null sein, und dies auch nur für m = n = 2. Es ist dann

    \[  \Gamma^1_{22} = \frac{1}{2} g^{11} [\partial_2 g_{12} + \partial_2 g_{12} -\partial_1 g_{22}] = \frac{1}{2} 1 [0 + 0 + 2 \cos \theta \sin \theta ] = \cos\theta \sin \theta.\]

Weiter ist \Gamma^1_{11} =  \Gamma^1_{12} =  \Gamma^1_{21} = 0.

Und weiter ist

    \[ t=2 \rightarrow \Gamma^2_{mn} = \frac{1}{2} g^{22} [\partial_n g_{2m} + \partial_m g_{2n} -\partial_2 g_{mn}] \]

Hier können umgekehrt nur die beiden ersten Terme in der Summe ungleich null sein, und zwar nur für m=1, n=2 bzw. m=2, n=1. Wir rechnen den ersten Fall aus, der zweite ergibt ja, wie wir wissen, denselben Wert:

    \[ t=2 \rightarrow \Gamma^2_{12} = \frac{1}{2} g^{22} [\partial_2 g_{21} + \partial_1 g_{22} -\partial_2 g_{12}] = \frac{1}{2} \frac{1}{\cos^2\theta} [ -2 \cos \theta \sin \theta   ] =    -  \frac{\sin \theta}{\cos \theta} = - \tan \theta. \]

Dies ist auch der Wert für \Gamma^2_{21}, während \Gamma^2_{11} =  \Gamma^2_{22} = 0 ist.

Durch die einfache Form der Metrik konnten wir uns mit ein paar kombinatorischen Argumenten behelfen. Bei weniger symmetrischen Fällen und in höheren Dimensionen wird es natürlich ungeheuer kompliziert, und hier helfen uns dann Computer-Algebra-Systeme wie Mathematica, oder Programmiersprachen wie Python, die über entsprechende Bibliotheken verfügen.

3. Der Tangentenvektor: Der Tangentenvektor t ist wie folgt definiert (Gl. 4.16):

    \[  t^m = \frac{dX^m}{dS}\]

wobei wir im Teil 1 der Aufgabe gesehen haben, dass

    \[ dS^2 = d \theta^2 + \cos \theta d\phi^2 \]

ist. Auf den Meridianen, d.h. auf den Halbkreisen von Pol zu Pol, gilt d\phi = 0. Dort ist also dS^2 = d\theta^2, d.h. dS = d\theta und damit

    \[  t^m = \frac{dX^m}{d \theta}.\]

Es folgt

    \[  t^1 = \frac{d \X^1}{d \theta} = \frac{d \theta}{d \theta} = 1 \;\; \text{und} \,\,  t^2 = \frac{d X^2}{d \theta} = \frac{d \phi}{d \theta} = 0\]

Diese Rechnung klappt auch für den Äquator. Dort ist \theta = 0, d\theta = 0 und damit dS = d\phi.

4. Die kovariante Ableitung des Tangentenvektors: Die kovariante Ableitung des Tangentenvektors t in der kontravarianten Darstellung aus Teil 3. ist nach Gl. 4.8.:

    \[ D_r t^m = \partial_r t^m + \Gamma^m_{rs} t^s.\]

Wir haben die einzelnen Zutaten alle schon berechnet und müssen sie nur noch einsetzen. Dabei stellen wir direkt fest, dass die gewöhnlichen Ableitungen \partial_r t^m alle gleich null sind, denn t ist konstant. Genauer ist t^1=1, t^2 = 0. Es bleiben also nur die Ausdrücke mit den Christoffelsymbolen auf der rechten Seite der vier Gleichungen, in denen s = 1 ist:

    \begin{equation*}\begin{split}D_1 t^1 &= \Gamma^1_{1s} t^s = \Gamma^1_{11} t^1 = 0 \\D_2 t^1 &= \Gamma^1_{2s} t^s = \Gamma^1_{21} t^1 =  0\\D_1 t^2 &= \Gamma^2_{1s} t^s = \Gamma^2_{11} t^1 =  0 \\D_2 t^2 &= \Gamma^2_{2s} t^s = \Gamma^2_{21} t^1 =  -\tan \theta. \end{split}\end{equation*}

Es ist also

    \[ D_r t^s = \begin{pmatrix} 0 & 0 \\ 0 & -\tan \theta \end{pmatrix} \]


Aufgabe 4.2

Was ist in Abb. 4.13 die Geschwindigkeit relativ zum ruhenden Bezugssystem eines Beobachters, der R, S und T als gleichzeitige Ereignisse wahrnimmt?

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Lösung: